Wohl kaum ein Kleidungsstück wird so sehr mit dem Süden Deutschlands in Verbindung gebracht wie die original bayrische Tracht. Woher kommen Dirndl und Co. eigentlich und lässt sich eine originale Tracht auch selbst nähen?
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Original bayrische Tracht: Getragene deutsche Tradition
Die original bayrische Tracht wird international mit Deutschland in Verbindung gebracht, auch wenn sie streng genommen mehr eine lokale Erscheinung im Süden des Landes ist.
Allerdings haben vor allem die Damen mittlerweile eine große Freude an der traditionellen Tracht, denn sie steht für Weiblichkeit bzw. das richtige in Szene setzen der weiblichen Attribute.
In Bayern ist die Original-Tracht längst wieder salonfähig und wird auch ohne besonderen Anlass getragen. Es ist an der Zeit, einen genaueren Blick auf diese deutsche Tradition zu werfen, die sich weltweit einen Namen machen konnte.
Woher kommt die original bayrische Tracht?
Die original bayrische Tracht stammt aus einer Zeit, zu der das Tragen von Trachten regelrechte Begeisterung hervorrief. Dies war zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Fall.
Damals fand anlässlich der Silberhochzeit von König Ludwig I. von Bayern ein erster Trachtenumzug statt. Unter seinem Nachfolger wurde die originale Tracht als typisch bayrisch dann auch hoffähig, sogar der König trug Trachtenjanker und Lederhosen.
Der Trachtenjanker ist heute das Kleidungsstück, was als Joppe für uns sinnbildhaft für die bayrische Tracht steht. König Max II. schrieb im Jahr 1849, dass er die Volkstracht erhalten wolle, weil sich damit ein wichtiges Nationalgefühl erhalten ließe. Schon bald wollten auch staatliche Stellen eine Nationaltracht bekommen.
Am 4. April 1859 wurde die „Gesellschaft Gemüthlichkeit“ in Miesbach gegründet, daraus wurde dann 1884 der Trachtenverein. Es wurden weitere Trachtenvereine und eine Dachorganisation gegründet, die alle Vereine koordinieren sollte. Daran lässt sich unschwer erkennen, wie groß die Bedeutung der Trachten für die Bayern schon damals sein musste.
Ein besonders prominenter Trachtenpfleger war Prinzregent Luitpold von Bayern, auch Kaiser Franz Joseph I. wurde bei der Jagd mit einer Lederhose gesehen.
Video: BR24-Zeitreise: Zum Trachtentag 1962 an den Tegernsee | BR24
Danach lässt sich die Weiterentwicklung der Tracht wie folgt in Kurzform darstellen:
- 1909
Gründung des Landesverbands Bayerischer Heimat- und Volkstrachtenvereine - Oktober 1925
Gründung der Vereinigten Trachtenverbände des bayerischen Oberlandes - 1948
Wiederzulassung der Trachtenvereine nach dem Zweiten Weltkrieg (mittlerweile rund 500 Vereine und über 45.000 Mitglieder!) - 2002
Zusammenlegung der beiden Landes- und Trachtenvereine Bayerns zum Bayerischen Trachtenverband (rund 180.000 Mitglieder)
Es steht nicht zu erwarten, dass die original bayrische Tracht jemals aussterben oder in Vergessenheit geraten wird. Gerade hier in Bayern werden Traditionen noch weitaus stärker gepflegt als in vielen anderen Regionen Deutschlands. Nicht nur die Bayern sind ein Volk für sich, auch ihre Kleidung ist mit keiner anderen Kleidung vergleichbar.
Typisch bayrisch: Ist die Tracht zum Oktoberfest ein Muss?
Das Oktoberfest ist die beste Gelegenheit, eine Tracht zu tragen und als original bayrisch aufzutreten. Neuerdings tragen auch immer mehr Besucher ihre Lederhosen, Dirndl und Joppen, nachdem sie früher einmal dieses größte Volksfest der Welt bekleidet mit Anzug und Kostüm besucht haben. Doch ungefähr seit den 2000er Jahren ist es für Besucher üblich, ebenfalls eine Tracht zu tragen.
Dabei gilt: Wenn schon, denn schon! Das heißt nichts anderes, als dass die Trachten dann auch bitte komplett getragen werden. Das Dirndl ist bitte vollständig zu tragen, es geht auch nicht, eine Lederhose zum einfachen T-Shirt zu tragen.
Trachten werden stilecht oder gar nicht angezogen, meinen die Bayern selbst und verweisen auch niemanden des Festes, nur weil er eben ohne Tracht erschienen ist. Dass jemand nicht wirklich bayrisch ist, sondern als Gast zu dem Fest gekommen ist, dürfte auch ohne original Tracht klar sein.
Wenn Damen vorsichtig sind und nur eine Dirndlbluse zur Jeans tragen, werden sie aber mit Sicherheit nicht schief angesehen, auch wenn die Tracht dann eben nicht original bayrisch ist. Männer haben es schwerer, denn eine Lederhose gehört nun einmal mit der übrigen Trachtkleidung zusammen.
Die original bayerische Tracht zu Festen und im Urlaub tragen
Die Bayern mögen es zwar, wenn sich Besucher anpassen und zeigen, dass sie das bayerische Land einfach rundum toll finden. Immerhin sehen sie sich mehr als eigenständiges Land und weniger als Teil eines Landes. Dennoch verlangen sie von ihren Gästen nicht, dass sie in Tracht anreisen.
Welche Rolle spielt die Tracht im Urlaub?
Es sind viele Jahre seit der Erfindung der Tracht vergangen, dennoch sind Trachten immer noch allgegenwärtig. Es verlangt dennoch kein Bayer, dass Urlauber in Tracht anreisen müssen.
Sie können eine Tracht mitbringen oder noch besser, in den Geschäften vor Ort kaufen. Sie müssen dies aber nicht und können auch ganz normal in völlig legerer Kleidung oder Wandersachen unterwegs sein und ihren Urlaub genießen.
Wer seinen Gastgebern eine Tracht mitbringt, sollte vorsichtig sein: An Trachten werden sehr hohe Qualitätsanforderungen gestellt, die nur derjenige kennt, der sich wirklich mit Trachten, Stoffen und dem Nähen auskennt. Es ist daher empfehlenswert, ein Gastgebergeschenk nur von höchster Qualität zu erwerben, minderwertige Produkte sind völlig ungeeignet.
Als Laie ist dies aber oft nur schwer erkennbar. Daher: Bitte im Fachgeschäft kaufen, das etwas auf sich hält (Adressen siehe unten) oder als Geschenk lieber etwas Typisches aus der eigenen Region mitbringen.
Wer mit seiner Tracht anreisen möchte, sollte darauf achten, dass es nicht nur einfach die original bayrische Tracht sein sollte, sondern auch die Tracht, die für die entsprechende Region steht. Es gibt zum Beispiel die Werdenfelser, die Inntaler, die Miesbacher oder die Chiemgauer Trachten, die sich in einigen Details unterscheiden.
Video: Trachten jenseits von Folklore
Kann eine original bayrische Tracht das Urlaubserlebnis verbessern?
Bayern muss man mit Haut und Haaren erleben, sich auf das Lebensgefühl der Menschen und auf ihren Nationalstolz einlassen. Klar ist, dass die original Kleidung das Urlaubserlebnis verbessern kann. Es hat ein wenig etwas von einem Kostümfest, wenn man sich zum ersten Mal Dirndl oder Wams anzieht und damit unter Leute geht.
Dabei stellt sich aber ein Gefühl der Zusammengehörigkeit ein. Außerdem sind viele Gastgeber deutlich freundlicher, wenn sie merken, dass ihre Gäste gern zu ihrem „Land Bayern“ dazugehören wollen.
Wer sich offenkundig als anders darstellt und scheinbar nicht zu Bayern gehören möchte oder sich nicht mit der Mentalität der Menschen hier identifizieren kann, wird weder besonders zuvorkommend behandelt noch erfährt er die originale Gastfreundschaft und Herzlichkeit, für die die Bayern so bekannt sind.
Tragen in Bayern alle nur Trachten?
Auch wenn sich dieses Bild für manchen Betrachter aufdrängen mag: Nein, auch die Bayern tragen nicht alltäglich nur Trachten. In den modernen Zeiten werden Trachten meist nur zu Volksfesten und Umzügen getragen, auch bei Prozessionen und anderen kirchlichen Anlässen kommen Trachten als Kleidung infrage.
Im Alltag hingegen lassen sich daran vor allem Gäste des Landes erkennen, die darüber ihre Verbundenheit mit Bayern zur Schau stellen wollen. Ansonsten haben moderne Kleidungsstile die früher alltäglichen Trachten längst abgelöst, wenngleich sie nicht von ihrer Popularität verloren haben.
Eine original bayrische Tracht: Nähen oder kaufen?
Es ist schon etwas Besonderes, wenn die eigene Tracht getragen werden kann, für die Stoffe selbst ausgesucht wurden und bei der jeder Nadelstich selbst gesetzt worden ist. Entsprechende Kurse werden vorrangig in Bayern angeboten, wobei Vorkenntnisse im Nähen unbedingt vonnöten sind.
Viele häufige Fehler beim Nähen eines Dirndls werden von den Expertinnen auf den ersten Blick erkannt und hätten sich unter Anleitung vermeiden lassen.
Wichtig ist zum Bespiel die Beachtung der Stoffstärke, des Fadenverlaufs und das richtige Zuschneiden unter Berücksichtigung der Webkante. Viele Details lauern auf dem Weg hin zum perfekten Dirndl!
Video: „Weißblaue Lebensart“ (02): Die Trachten | Euromaxx
Wo kann man Trachten kaufen?
Trachten kauft man am besten in Bayern direkt und hier natürlich in München. Diese drei Adressen sind besonders empfehlenswert:
- Jan & Ina Trachten
Hier bedienen nicht Jan und Ina, sondern Janina Maria Sendner hat ihren Namen genutzt und eine eigene Dirndl-Marke draus gemacht. Neben den Modellen von der Stange gibt es auch die Möglichkeit, sich ein Dirndl maßanfertigen zu lassen. Die Modelle zeigen sich unverkennbar, individuell und sind mittlerweile weit über die Grenzen Münchens hinaus bekannt.Auch für Herren ist das Passende dabei, denn die Teile der Kollektion „Halodri“ sind das Pendant zu den weiblichen Traditionstrachten. Auf der Suche nach einem passenden Dirndl gehört dieser Laden definitiv zu den Pflichtadressen!
Jan & Ina Trachten,
Hiltenspergerstraße 36,
80796 München - Gottseidank Trachten
Hier gibt es besonders hochwertige Trachten für Damen und Herren zu finden, wobei die Qualität hier wirklich ihren Preis hat. Doch neben den aktuellen Modellen gibt es immer auch preisreduzierte Ware, sodass auch für den schmaleren Geldbeutel gesorgt ist.Die Beratung zu den Dirndl und Trachten für Herren ist sehr gut, die Adresse immer noch ein Geheimtipp unter Touristen. Es lohnt sich, immer wieder in den Laden zu schauen, denn so manches Schnäppchen ist nur für kurze Zeit verfügbar.
Gottseidank Trachten
Schleißheimer Straße 273,
80809 München - Fundgruber
Es muss keine neue Tracht sein? Dann ist der Fundgruber die richtige Adresse in München. Hier sind wirklich hübsche Second-Hand-Teile zu haben, teilweise sind sogar Raritäten darunter. Und das alles zu erschwinglichen Preisen, sodass der Besuch auf der Wiesn nicht gleich zur Kostenfalle wird.Das Schöne hier in dem Laden ist auch, dass der Andrang nie wirklich groß ist und Besucher alle Zeit der Welt haben, um das Sortiment in Augenschein zu nehmen. Beratung ist natürlich dennoch inklusive!
Fundgruber,
Klenzestraße 58,
80469 München